GFK Schritt 3: Bedürfnisse — wie aus Konflikten Chancen werden

In diesem Artikel stelle ich euch den 3. Schritt der GFK vor und wir klären, wie du aus einer festgefahrenen Konflikt-Situation aussteigen kannst.

GFK Schritt 3: Bedürfnisse erforschen

Die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg geht von einem sehr positiven Menschenbild aus. Warum? Wir arbeiten mit der Überzeugung, dass alles, was wir Menschen tun, ein Versuch ist, sich Bedürfnisse zu erfüllen. Das nennt sich dann KPU: die Konsequent Positive Unterstellung. (Oder auch ACAB: Always, Constantly, Assume the Best)

Bedürfnisse sind unser Motor, unser Antrieb, unser “Warum”. Alle Menschen haben prinzipiell dieselben Bedürfnisse. Sie mögen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich gewichtet, erfüllt und ausgeprägt sein, aber prinzipiell haben wir dieselben. Im 3. Schritt der GFK sind wir dazu angehalten, unsere Bedürfnisse zu erforschen und wenn es die Situation erfordert mitzuteilen.

Unterschied Bedürfnisse und Strategien

Bedürfnisse sind universell. Darin liegt auch die verbindende Kraft im Teilen der Bedürfnisse: wir können einander leichter verstehen, weil wir die Bedürfnisse verstehen. Bedürfnisse können z.B. das Bedürfnis nach Ruhe, Entspannung, Aufregung, Abenteuer, Wertschätzung oder Nähe sein. Zusammengefasst unsere zutiefst menschlichen Wünsche und Sehnsüchte.

Das, was wir konkret tun, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen nennen wir Strategien. Strategien sind von Natur aus höchst individuell, da sie unser eigener Versuch sind, unsere Bedürfnisse zu erfüllen.

Konflikte entstehen auf Strategie-Ebene

Die Krux ist: da es beim selben Grundbedürfnis so viele Strategien gibt, wie Menschen auf diesem Planeten wohnen, liegt hier das Konfliktpotential. Wir streiten uns in den seltensten Fällen um Bedürfnisse, meistens geht es um das, was wir tun, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Wir diskutieren über konkrete Handlungsvorschläge, wie z.B. “Schwimmen gehen”.

Wie können also aus Konflikten Chancen entstehen? Mit einem Beispiel ist es leichter, den Zusammenhang zu verstehen.

GFK Schritt 3 Beispiel

Im Folgenden simulieren wir einen Alltagskonflikt unter Freunden. A und B treffen sich, und A macht einen Vorschlag, wie sie den Tag verbringen können.

Ausgangslage:
Alles ist möglich-Zone

A sagt: “Ich will schwimmen gehen”. Schwimmen ist hier die konkrete Strategie für ein Bedürfnis von A. Um welches Bedürfnis es sich handelt, das weiß A vielleicht selbst noch nicht.

A befindet sich auf der Strategie-Ebene, und noch befindet sich A in der Alles ist möglich-Zone. A hat einen Wunsch geäußert und weiß noch nicht, wie sein Gegenüber reagieren wird.

B aber…

Stufe 1: Konflikt-Zone

B sagt: “Nee.” und lehnt A’s Vorschlag ab. B hat keine Lust auf Schwimmen. A ist geknickt und denkt sich: “Mist.” A wäre gerne schwimmen gewesen.

Durch B’s Ablehnung des Vorschlags sind A und B in die Konflikt-Zone gerutscht. Hier könnte die Geschichte enden, wenn A auf der Strategie “Schwimmen” beharrt. Es könnte zu einem Konflikt kommen, in dem A versucht, B von seinem Vorschlag zu überzeugen und B zusehends genervt wird, weil B einfach nicht schwimmen gehen will. B hasst Wassersport. Normalerweise würde B dann passiv-aggressiv werden oder am Ende gar nichts mehr sagen.

Stufe 2: Warum will ich das-Zone

Um die drohende Eskalation zu vermeiden, kann sich A mithilfe der GFK in die Warum will ich das-Zone vorwagen. Hier kann A für sich erforschen, warum er schwimmen gehen möchte.

Will er Ruhe, Abstand von der Arbeit, eine gute Zeit mit B? Ist ihm das im-Wasser-sein wichtig, oder geht es ihm bei näherer Betrachtung des Wunsches eigentlich um etwas anderes?

A versteht: “Aha, ich will zwar Schwimmen gehen, aber eigentlich geht’s mir um Bewegung.”

Stufe 3: Zurück in die alles ist möglich-Zone

Mit dem Wissen, dass der Wunsch nach Bewegung das Entscheidende ist hat A mehr Möglichkeiten als am Anfang. A sagt: “Wir könnten auch klettern oder joggen gehen. Hast du Lust?”

Wenn wir uns auf den Tauchgang in die Bedürfnis-Ebene einlassen, haben wir danach mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mehr Ideen, wie wir unser Bedürfnis noch befriedigen können. Sich von (Lieblings)-Strategien freizumachen ist anfangs vielleicht ungewohnt, und gleichzeitig ein großer Schritt in Richtung Freiheit.

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